“Ich verarbeite festes Material ebenso wie die Luft, die es umgibt.”
Rudolf Belling


Lebenslauf des Künstlers

Rudolf Belling wird 1886, am 26. August in Berlin geboren. Sein Vater Julius Belling ist Kaufmann, seine Mutter Heléne Thomas entstammt einer Hugenotten-Familie. Er besucht die Volksschule in Steglitz von 1892 bis 1897. Danach ist er Schüler des Internats “Preussisches Luisen-Stift“.

Nach Beendigung der Schule, zwischen 1902 und 1903 hat er zunächst keine festen Vorstellungen, dann beginnt er 1903 eine kaufmännische Lehre, die er bis 1905 durchführt. Es ist ihm klar, dass er kein Kaufmann werden will und er beginnt auf Anraten seiner Mutter eine Ausbildung in einer kunstgewerblichen Werkstatt, bei Jean Renaud, die er 1907 beendet.

Die Fortbildung an einer Handwerkerschule beginnt er noch während der Lehrzeit an der kunstgewerblichen Werkstatt. Zusätzlich besucht er Abendkurse im Modellieren und Zeichnen. Mit einundzwanzig Jahren (1907) sind diese Ausbildungen abgeschlossen. Die ältesten erhaltenen Arbeiten datieren aus diesem Jahr.

In den folgenden Jahren 1908/09, arbeitet er mit dem Kleinplastiker Emil Kaselow zusammen, doch diese Tätigkeit war für ihn nicht von Dauer. Durch die Freundschaft mit Max Reinhardt kommt er in intensiven Kontakt mit Bühne und Film. Er arbeitet mit Ernst Stern, dem Chef-Bühnenbildner Reinhardts, für die verschiedenen Reinhardt-Bühnen. Zusätzlich arbeitet für eine andere Bühnenwerkstatt als Kaschierer. Er erkennt, dass er anatomische Kenntnisse braucht und er wird Schüler von Prof. Hans Virchow in Kunst-Anatomie. Dieses Studium wird von Virchow unterstützt, gleichzeitig ist er selbstständiger Leiter einer Bühnenwerkstatt. Um 1911 ermöglicht ihm der Leiter der Kunstakademie Berlin-Charlottenburg Peter Breuer das Studium der Bildhauerei und bietet ihm von Anfang an ein Atelier als Meisterschüler an. Bis zum Tode Breuers 1922 kann er es benutzen.

Schon vor dem ersten Weltkrieg beginnt er sich mit den Traktaten Benvenuto Cellini's und Adolf von Hildebrandts Buch “Das Problem der Form“ auseinanderzusetzen und er entwickelt seine eigenen Gedanken zur raumhaltigen Plastik. 1914 beteiligt er sich zum ersten Mal an der Großen Berliner Kunstausstellung. Befreundet ist er mit dem Architekten Hans Poelzig, um 1915, der die Architektur für en Film “Der Golem“ entwirft und für den Belling die Maske des Golem gestaltet. Er ist 1919 Mitbegründer der Novembergruppe, dann Mitglied im Arbeitsrat für Kunst, 1919 ist das Jahr der ersten Einzelausstellung bei Fritz Gurlitt und das Entstehungsjahr des “Dreiklang“; die Plastik, mit der die deutsche Bildhauerei den Anschluss an die internationale Avantgarde bekommt. Entgegen der weit übernommenen Ansicht hat er einen angeblichen Einfluss Archipenko's auf sein Werk stets von sich gewiesen.

1924 erhält er durch Ludwig Justi eine Einzelaustellung in der Nationalgalerie, Berlin, es werden 29 Arbeiten ausgestellt. Ludwig Justi bestellt anschließend eine Holzfassung des Dreiklang.

1925 heiratet er Toni Friedlaender, sein Sohn Thomas wird 1928 geboren. In den Jahren ab 1910 bis zu seiner Emigration erwirbt er nicht nur einen hohen Bekanntheitsgrad als Bildhauer, er ist darüber hinaus Sportler und Turniertänzer. Kunstanatomie betreibt er immer wieder aus Leidenschaft, in Kunstgeschichte bildet er sich auf Anraten Breuers weiter. 1930 baut der Architekt Wassily Luckhardt sein Haus und Atelier in Berlin-Lichterfelde. Toni Friedlaender lässt sich 1935 von ihm scheiden und lebt dort, bis sie mit ihrem zweiten Mann Berlin verlässt. Der Sohn Thomas bleibt bei seinem Vater.

Nach der Machtergreifung werden seine Werke als “entartet“ diffamiert, zerstört oder eingeschmolzen. 1935 emigriert er für ein Jahr nach Amerika, nach New York. 1937 emigriert er in die Türkei, nach Istanbul. Auch wenn nur ein 5-Jahres-Vertrag vorgesehen war bleibt er doch 29 Jahre. In Istanbul erhält er von 1937 bis 1951 eine Professur an der Akademie der Schönen Künste; die er 1952 verläßt, da die extensive klassische und handwerkliche Lehrarbeit als nicht zumutbar empfunden wurde. Von 1952 bis 1966 wird er an die Technischen Universität, an die Fakultät für Architektur berufen. Die Kriegsjahre in Istanbul sind sowohl für ihn, als auch für seinen Sohn dort nicht einfach; zum einen weil er kritisch zum NS-Regime Stellung nimmt, und zum anderen weil die Mutter seines Sohnes Thomas, Toni Friedlaender, jüdisch ist. Das nationalsozialistische Regime ist durch seine Auslandsorganisationen auch in Istanbul vertreten und zu spüren gewesen.

1942 heiratet er aus einer italienischen Familie Yolanda Manzini, 1943 wird seine Tochter Elisabeth Nora geboren. Sein Haus in Berlin-Lichterfelde wird 1944 zerbombt, doch nicht alle Werke sind zerstört. Als einem der wenigen erlaubt ihm die Verfügung einer alliierten Kontrollkommission freie Berufsausübung während der Kriegsjahre; damit blieben ihm Passentzug, Internierung und Rücksendung erspart. Die Rückkehr nach Berlin gestaltet sich schwierig. Differenzen im alten Kollegenkreis, Unstimmigkeiten in Verhandlungen mit dem damaligen Kultursenator und eine unrichtige Auslegung seiner politischen Haltung während der Kriegsjahre im Exil machen eine frühe Rückkehr, vor allem in seine Heimatstadt, nicht möglich. An der Technischen Hochschule in Istanbul kann er bis zu seinem 80. Lebensjahr lehren und arbeiten.

1956 wird er mit dem Großen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
1961 erhält er den Berliner Kunstpreis.

1966 im Januar, kehrt er 80-jährig nach Deutschland zurück, fünf Monate später stirbt sein Sohn Thomas. Da entsteht eine Serie von Zeichnungen und Lithografien. In den folgenden drei Jahren entstehen zwei Großaufträge in Hamburg.
1971 erfolgt die Ernennung zum Dr-Ing e.h. der Technischen Universität München.

Die Verhandlungen über den Standort der letzten Großplastik, “Blütenmotiv“, auf dem Münchner Olympiagelände verlaufen zu Ungunsten seines Konzepts, ein Friedensmahnmal weithin sichtbar aufzustellen. Zu sehr ist das Architektenteam um Behnisch gegen eine konkurrierende künstlerische Dominante zur Zeltdachsilhouette der Sportanlagen. Die Aufstellung der Plastik am Rande des Geländes im Jahr der Olympiade, 1972, erlebt Belling nicht mehr.

Für sein Lebenswerk wird er 1972 mit dem Großen Bundesverdienstkreuz mit Stern ausgezeichnet. Im gleichen Jahr stirbt er am 9. Juni in München.